12.03.2014
Keine Doppelverwertung des Goodwill einer freiberuflichen Praxis
Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis kann bei der Berechnung des Zugewinns im Endvermögen angesetzt werden. Da er unter Ausschluss des Unternehmerlohns ermittelt wird, stellt er einen reinen immateriellen Vermögenswert dar und führt nicht zur Doppelverwertung des Einkommens im Güterrecht und bei der Unterhaltsberechnung, wie der BGH mit Urteil vom 09.02.2011 Az: XII ZR 40/09 entschied.
Die Beteiligten haben 1987 geheiratet, der Scheidungsantrag wurde 1999 zugestellt und die Ehe 2003 rechtskräftig geschieden. Der Zugewinnausgleich steht noch im Streit. Der Ehemann ist Zahnarzt und betreibt zusammen mit einem Kollegen eine Gemeinschaftspraxis, die vom OLG mit 32.1157 DM bewertet wurde. Das Amtsgericht hat den Antrag der Ehefrau auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs abgewiesen, weil es die Berücksichtigung des Wertes der Praxis im Endvermögen unter Berufung auf das Doppelverwertungsverbot ablehnt. Das OLG berücksichtigt die Praxis und spricht der Ehefrau einen Zugewinnausgleich zu.
Die Revision gegen diese Entscheidung ist unbegründet.
Zugewinn ist der Betrag, den das Endvermögen des Ehepartners das Anfangsvermögen übersteigt. Endvermögen ist das Vermögen, das dem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten noch verbleibt. Bei dieser objektiven Wertberechnung einer freiberuflichen Praxis ist neben dem Substanzwert auch der Wert des Goodwill einzubeziehen (modifizierte Ertragswertmethode).
Der BGH bestätigt in seiner Entscheidung, dass der Goodwill (= Geschäftswert) einer freiberuflichen Praxis einen immateriellen Vermögenswert darstellt, der sich aus verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel Ruf und Ansehen des Inhabers, Standort, Art und Zusammensetzung der Patienten gründet. Hiermit erwirbt der Käufer die Chance, den Patientenstamm zu übernehmen, so dass dem Goodwill ein eigener Marktwert zukommt.
Daneben bemisst sich der Erfolg einer freiberuflichen Praxis aber auch an Faktoren, welche mit dem Inhaber in dessen Person verbunden sind und somit nicht übertragbar sind. Diese Faktoren sind bei der Wertberechnung des Goodwill abzuziehen. Um diesen Betrag festzustellen, kann der gezahlte Unternehmerlohn herangezogen werden. Dadurch ist gewährleistet, dass der auf den persönlichen Einsatz des Inhabers beruhende Wert aus der Zugewinnberechnung ausgeblendet wird.
Mit dem Abzug des Unternehmerlohns bei der Ermittlung des Wertes der Praxis ist eine Doppelverwertung sowohl im Unterhalt als auch im Güterrecht ausgeschlossen. Denn der nach der obigen Berechnung ermittelte Goodwill (Vermögensstamm zu bestimmten Stichtag) wird dann in der Zugewinnberechnung berücksichtigt, wohingegen der persönliche Einsatz des Inhabers (Vermögenseinkünfte) erst bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt wird.